Forschungsfragen

In der Studie der Reflexionen von österreichischen Künstlerinnen auf das Verhältnis von Ökonomie und Gender wurden insbesondere Aspekte der Gattungen sowie der Künstlerinnen-Generationen berücksichtigt. Die Analyse der Werke erfolgte in fünf Teilbereichen, die später in einem Buch publiziert wurden.
In einem ersten Schritt wurden die Thematiken der dargestellten Motive im Bereich Geschlechterverhältnis und Ökonomie, sowie daraus abgleitet in einem zweiten Schritt deren Diskursivierung und die damit verbundene Darstellungsproblematik erarbeitet.

Die besondere Verbindung zwischen Sprache und Markt wurde in einem weiteren Schritt erarbeitet. Fokussiert wurden der Umgang mit dem Phallogozentrismus im literarisch-dramatischen Sprachspiel, aber auch die bestehende Verbindung der Ökonomie zur Metaphorik, die z.B. von ÖkonomInnen wie Deirdre McCloskey untersucht wird. Die Künstlerinnen betonen in Hinsicht auf die verwendete Metaphorik der Ökonomie-Sprache wiederum die speziellen Verbindungen der Finanzspekulation mit der Religion und der Patriarchalität – ein Befund, der anhand der Thesen von Christina von Braun und Jochen Hörisch analysiert wurde.

An dem Thema patriarchaler Sprachmetaphorik in der Ökonomie und deren Reflexion in den Kunstwerken schließt die Thematik des kapitalisierten Körpers an, dessen Zwang insbesondere Frauen unterliegen. Die Felder der Kritik an Pornographie, Prostitution und dem besonderen Tauschverhältnis von Kunst und Sex wurden in diesem Bereich an den Kunstwerken untersucht, sodass verschiedene Aspekte Frauen-diskriminierender Körperarbeit hervortreten.

In einem letzten thematischen Schwerpunkt wurde sodann die Selbstreflexion der Selbstvermarktung der Künstlerinnen analysiert, d.h. wie die Künstlerinnen in ihren Kunstwerken die künstlerische Vermarktung als solche thematisieren und diese Selbstreflexion darstellen. Dieser Bereich ist stark gattungsorientiert und untersuchte die literarisch-künstlerischen Darstellungen des Literaturmarktes, des institutionalisierten und freien Theaterbetriebs, das Wechselverhältnis von Künstlerinnen und Kunsthandel, sowie die Arbeit von Frauen in der Filmproduktion.

Bei der Untersuchung der vorgestellten Bereiche spielten darüber hinaus die im Folgenden aufgelisteten Fragen eine strukturierende Bedeutung.

1.    Inwieweit ist die Repräsentation von Geschlechterkonstruktionen und deren   Performanz in den künstlerischen Arbeiten ökonomisch determiniert?

2.    Welche ökonomischen Entwicklungen (z.B. Globalisierung der Märkte, Liberalisierung des Warenverkehrs und des Finanzmarkts, Börsencrash etc.) werden dabei bevorzugt aufgegriffen?

3.    Inwieweit spielen im künstlerischen Umgang mit der gegenwärtigen Finanz- und Wirtschaftskrise geschlechtliche Differenzen, Rollenbilder und Stereotypien eine Rolle?

4.    Welche Relevanz hat die Unterscheidung in biologisches und soziologisches Geschlecht (sex und gender) bzw. die Infragestellung dieser Kategorien in Hinblick auf die Thematisierung von Wirtschaft und Finanzwelt in der Kunst?

5.    In welcher Form werden dabei ökonomische bzw. gendertheoretische Ansätze verarbeitet bzw. kritisiert?

6.    In welchem Verhältnis stehen die Dekonstruktion patriarchaler und ökonomischer Machtverhältnisse zueinander?

7.    In welcher Form wird der weibliche Körper in den Werken zur Projektionsfläche der ökonomischen bzw. patriarchalen Macht?

8.    Auf welche Art und Weise werden Sexualität und Ökonomie aufeinander bezogen?

9.    Inwieweit werden auch selbstkritische Thematiken dargestellt, wie genderspezifische Komplizenschaft oder (Selbst-Ausbeutung)?

10.    Inwiefern werden „Sozialkritik“ und „Künstlerkritik“ sowie das sich stetig verändernde Spannungsfeld von sozialer bzw. ökonomischer Geschlechterkonstruktion in den jeweiligen Kunstwerken verarbeitet?

11.    Welchen kulturgeschichtlich bedingten Veränderungen und Entwicklungen ist die in den künstlerischen Arbeiten oft vorgenommene Engführung von Kapitalismuskritik und Patriarchatskritik unterworfen? Wie sind diese Phasen und Entwicklungen in Hinblick auf die unterschiedlichen Generationen der österreichischen Künstlerinnen zu bewerten?

12.    Inwieweit werden in den künstlerischen Arbeiten Alternativen zum bestehenden wirtschaftlichen System aufgezeigt, und welche Veränderungen der Geschlechterkonstruktionen bringen diese Alternativen mit sich?

13.    Worin besteht das gattungsspezifische (subversive) Potential der jeweiligen Kunstsparten?

14.    Inwieweit gibt es innerhalb dieser Kunstsparten geschlechtsbedingte ökonomische Benachteiligungen, und in welcher Form werden diese von den Künstlerinnen problematisiert?

Theorie

15.    Auf welche Art und Weise wird das Spannungsfeld von Ökonomie und Gender in den Werken wahrgenommen?

16.    Inwieweit bzw. in welcher Form werden feministische und ökonomische Interpretationsansätze aufeinander bezogen?

17.    Welche Reaktionen hat die künstlerische Thematisierung der ökonomischen Benachteiligung von Frauen zur Folge?

Literatur

18.    Welche Bezüge ergeben sich zwischen den unterschiedlichen Codierungen geschlechtsspezifischer Rollenbilder und Differenzen – also die Übertragung bzw. Zuschreibung charakteristischer Elemente, die für die jeweiligen Konstruktionen von Männlichkeit und Weiblichkeit konstitutiv sind – und den ökonomischen Prozessen in den Texten? Wie erfolgt bei Jelinek und anderen österreichischen Autorinnen die Spiegelung von ökonomischen und patriarchalen Machtverhältnissen mit den Mitteln der Sprache bzw. die sich in den Texten manifestierenden Sprachanalyse bzw. Sprachkritik?

19.    Inwieweit wird die von Hanna Stegmayer (in Hinblick auf Verlagswesen und Vermarktungsstrategien) konstatierte „Ökonomisierung der Literatur“ in den Texten problematisiert und mit genderspezifischen Fragestellungen (z.B. geschlechtlichen Identitäten, dem Körper als Projektionsfläche gesellschaftlicher Normen, sexuellen Praktiken etc.) enggeführt?

Interdisziplinarität und Intermedialität

20.    Inwieweit lassen sich die Arbeiten aus den genannten Kunstrichtungen in Hinblick auf das Spannungsfeld von Ökonomie und Gender miteinander vergleichen?

21.    Welche Bezugspunkte zwischen Literatur, bildender Kunst, Film und Performancekunst sind hier von Relevanz und worin besteht deren medien- bzw. gattungsspezifisches Potential bei der Verarbeitung und Sichtbarmachung von bzw. Kritik an geschlechtsspezifischen bzw. ökonomischen Diskursen?

22.    Inwieweit verändern bzw. entwickeln sich die ästhetischen Charakteristika und die thematischen Fokussierungen der Arbeiten innerhalb der jeweiligen Gattungen und Medienformen, und inwieweit lassen sich diesbezüglich Parallelen bzw. Unterschiede zu den Entwicklungen in den anderen Kunstrichtungen feststellen?

Kontextualisierung der jeweiligen künstlerischen Ansätze im internationalen Vergleich

23.    Inwieweit sind die Codierungen von Weiblichkeit und Männlichkeit im Zusammenhang mit ökonomischen Prozessen in den Arbeiten von Künstlerinnen aus unterschiedlichen Kulturräumen überhaupt miteinander vergleichbar?

24.    Welche künstlerischen Ansätze haben in Hinblick auf das Spannungsfeld von Ökonomie und Gender die Arbeiten der Autorinnen, bildenden Künstlerinnen und Filmregisseurinnen in Österreich von 1968 bis zur Gegenwart maßgeblich beeinflusst?

25.    Inwieweit wurden auch Ansätze österreichischer Künstlerinnen außerhalb Österreichs aufgegriffen, fortgeschrieben und weiterentwickelt?

26.    Worin bestehen die zentralen Parallelen, in welchen Punkten unterscheiden sich die Konzepte in Hinblick auf die Verarbeitung und Sichtbarmachung ökonomischer und geschlechtsspezifischer Machtverhältnisse?