THEATER

Theater: Performanz – Körper – Sprache

In diesem Untersuchungsbereich wurden v.a. Theaterperformances betrachtet, die mit eigenem Textmaterial arbeiten. Gerade das Theater reagiert auf die ökonomischen und gesellschaftlichen Entwicklungen mit Inszenierungen, die im performativen Bühnenspiel insbesondere die Geschlechterbeziehungen darstellen.

Bei Betrachtung der Performances drängte sich demnach die Frage der Repräsentation bzw. die Frage nach der soziologischen Breitfächerung des Figurenpersonals auf: Welche Figuren werden dargestellt? Wer bekommt eine Stimme? Werden neben den Verlierern (z.B. Schuldner und Arbeitslose) sowie den Gewinnern und wirtschaftlich oder politisch verantwortlichen Bossen (z.B. für Börsenspekulation, Hedge-Fond-Verkäufe oder Kredit- und Bankenskandale) auch noch andere Figuren repräsentiert wie z.B. ProtestaktivistInnen, Angestellte, ArbeiterInnen, private Frauen und Männer, Hausfrauen, Richter, Gewerkschaften usw.? Wird neben einer globalen Kritik an der Krise auch bestehenden Utopien eine literarische Bühne gegeben?

So konstatiert Bernd Blaschke zur Problematik der Repräsentation von Gender und soziologischer Arbeitswelt für gegenwärtige Theaterinszenierungen:

Markante Konturen gewinnt die thematisch-motivische Sichtung der zeitgenössischen Wirtschaftsdramatik, wenn man nach dem auftretenden Figuren-Personal fragt. Welche Berufe, welche sozialen Schichten und Milieus kommen in diesen theatralischen Beobachtungen der Arbeitswelt auf die Bühne? Es sind vor allem Manager und Arbeitslose. Es ist das markante Gegensatzpaar von oben und unten, von zu viel Arbeit und keine Arbeit. Es fehlen im Bühnen-Kapitalismus hingegen weitestgehend einige durchaus wichtige Agenten des real existierenden Kapitalismus. Eigentümer, respektive Kapitalgeber als treibende Kraft hinter den angestellten Managern tauchen ebenso selten auf wie andererseits die einfachen Angestellten beziehungsweise Arbeiter oder Arbeiterinnen, die die Helden der klassischen engagierten Literatur der Arbeitswelt waren.[1]

[1] Blaschke, Bernd: McKinseys Killerkommandos. Subventioniertes Abgruseln. Kleine Morphologie (Tool Box) zur Darstellung aktueller Wirtschaftsweisen im Theater. In: Schößler, Franziska / Bähr, Christine (Hg.): Ökonomie im Theater der Gegenwart: Ästhetik, Produktion, Institution. Bielefeld: transcript 2009, S. 209-224, hier S. 214.

Sekundärliteratur

[Auswahl, siehe auch Bibliographie]

Amann, Wilhelm/Bloch, Natalie/Mein, Georg (Hg.): Ökonomie, Narration, Kontingenz: Kulturelle Dimensionen des Marktes. Paderborn: Fink 2014.

Bähr, Christine: Der flexible Mensch auf der Bühne. Sozialdramatik und Zeitdiagnose im Theater der Jahrtausendwende. Bielefeld: Transcript 2012.

Blaschke, Bernd: McKinseys Killerkommandos. Subventioniertes Abgruseln“. Kleine Morphologie (Tool Box) zur Darstellung aktueller Wirtschaftsweisen im Theater. In: Schößler, Franziska/Bähr, Christine (Hg.): Ökonomie im Theater der Gegenwart: Ästhetik, Produktion, Institution. Bielefeld: transcript 2009, S. 209-224.

Hempel, Dirk/Künzel, Christine (Hg.): „Denn wovon lebt der Mensch?“ Literatur und Wirtschaft. Frankfurt am Main: Lang 2009.

Hinz, Melanie: Das Theater der Prostitution: Über die Ökonomie des Begehrens im Theater um 1900 und der Gegenwart. Bielefeld: Transcript 2014.

Künzel, Christine/Hempel, Dirk (Hg.): Finanzen und Fiktionen. Grenzgänge zwischen Literatur und Wirtschaft. Frankfurt am Main: Campus 2011.

Naumann, Matthias / Wehren, Michael (Hg.): Räume, Orte, Kollektive. Berlin: Neofelis-Verlag 2013 (= Mülheimer Fatzerbücher 2).

Peltzer, Anja/Lämmle, Kathrin/Wagenknecht, Andreas (Hg.): Krise, Crash & Kommunikation. Die Finanzkrise in den Medien. Konstanz/München: UVK Verlagsgesellschaft 2012.

Peter, Nina: Die Krise als Drama. Explikations- und Darstellungsstrategien der Finanzkrise. In: Peltzer, Anja/Lämmle, Kathrin/Wagenknecht, Andreas (Hg.): Krise, Crash & Kommunikation. Die Finanzkrise in den Medien. Konstanz / München: UVK Verlagsgesellschaft 2012, S. 227-248.

Peter, Nina: „Like a real thing“? Reale Operationen im Reich virtueller Werte. In: Amann, Wilhelm/Bloch, Natalie/Mein, Georg (Hg.): Ökonomie, Narration, Kontingenz: Kulturelle Dimensionen des Marktes. Paderborn: Fink 2014, S. 209-230.

Polt-Heinzl, Evelyne: Einstürzende Finanzwelten. Markt, Gesellschaft & Literatur. Wien: Sonderzahl 2009.

Schößler, Franziska: Drama und Theater nach 1989: prekär, interkulturell, intermedial. Erlangen: Wehrhahn 2013.

Schößler, Franziska/Bähr, Christine (Hg.): Ökonomie im Theater der Gegenwart: Ästhetik, Produktion, Institution. Bielefeld: transcript 2009.

Stegemann, Bernd: Kritik des Theaters. Berlin: Theater der Zeit 2014 (2. Aufl.).

Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz, Berlin (Hg.): Die Überflüssigen. „Schuld bin ich selbst und überflüssig.“ Berlin: Alexander-Verlag 2006.